So viele glauben noch das Zahlen real seien, doch diese Stücke sichtbarer Zeit sind für mich in ihrem Wesen unklar. Was heißt „Eins“, dieses Eine mit dem alles beginnt und das sich nirgendwo real findet, sondern immer nur am anderen ein Begrenztes ist? Wir beginnen mit Eins unsere Erfahrungen, sind Zahlen daher wirklich das Uhrwerk der Welt, kleine Zahnräder, die alles bewegen? Können wir mit dem Besteck ihrer Mathematik die Welt in mundgerechte Stücke zerschneiden, so dass auch ein endliches Gehirn etwas greifbares aus der Unendlichkeit heraus holt? Die Welt mit Zahlen auszuhöhlen, mit Zahlen zu verzahnen, zu mathematisieren, so als wäre alles nur der Mechanismus von Zahlenzahnrädern und das Vermächtnis der Zeit ein Ozean der Zahlen.
Aber hinter den Zahlen vermuten wir mehr und erwarten ein größeres Fundament. Lars Von Triers Zählen zeigt nicht die Endlichkeit des Ersten, sondern die Frage nach dem endlich unendlich. In seinem Film Europa entdeckt er die Mystik der Zahlen:
Optische Illusionen
Wie funktoniert also die Welt auf ihren quantifizierten Zahlenbahnen? Sind Zahlen real oder sind sie nur Relationen? Die Welt habe doch auch eindeutige Eigenschaften, die eigentlich ohne Probleme bezeichnet werden können. Quantifizierende Zahlen benötigen deren atomare Qualität, die sie bezeichnen können. Doch schon bei dem Erlebnis der Farben zeigt sich, wie unser Gehirn diese nur relativ wiedergebt. Wir wissen bisheute nicht, ob wir elementar in die Welt hinab steigen sollen. So war Heisenberg mit seiner Weltformel ebenso überzeugt, dass die Welt nicht aus Atomen, kleinsten Teilchen, bestehen würde (Eine interessante Dokumentation findet sich hier: http://www.youtube.com/watch?v=w3YBCaInJYc)
Ein, wie Hegel es sagt, Beiherspielendes: Bei dem Bild links kann ich selbst niemals glauben, dass das Quadrat A und B angeblich die gleich Farbe haben. Es ist doch eine vollkommen verschiedene Qualität. A ist dunkel und B ist hell. Doch A und B sind identisch.
Ein anderes Beispiel findet sich bei Focus Online, bei welchem die Farbe Orange entweder tiefbraun erscheint oder eben als klares Orange.
Aus diesen Sinnestäuschungen leiten wir gewöhnlich die Thesen des Strukturalismus, wonach alles eben nur von den Beziehungen untereinander abhängig wäre und somit die Zahlen als Relationen Wirklichkeit wären, ohne jemals auf einen letzten Inhalt zu referieren. Aber worauf beziehen sich dann die Beziehungen? Was ist Relation ohne ein letztes Substrat?
Optische Illusion nach der sich die Welt krümmt
Auch im folgenden Video zeigt sich dann gar, wie Räume sich krümmen, wenn die richtige optische Illusion hinzutritt. Unser Gehirn strukturiert die Sinnesdaten, die eintreffen und beugt sie gemäß ihres Mediums. Die Frage ist daher, ob wir mit Sicherheit auf die auslösenden Sinnesdaten zurückreferenzieren können.
Hegel wusste noch, dass das Medium hingegen als einziger Anhaltspunkt genommen werden muss. Es mache keinen Sinn hinter die Phänomene zurück zu referenzieren. Etwas kryptisch schreibt er:
„Oder wenn die Prüfung des Erkennens, das wir als ein Medium uns vorstellen, uns das Gesetz sener Strahlenbrechung kennen lehrt, so nützt es eben so nichts, sie im Resultate abzuziehen; denn nicht das Brechen des Strahls, sondern der Strahl selbst, wodurch die Wahrheit uns berührt, ist das Erkennen und dieses abgezogen, wäre uns nur die reine Richtung, oder der leere Ort bezeichnet.“ (Hegel, Phänomenologie des Geistes:56)
Was Hegel hier meint, ist dass das Medium eben doch die Strahlen enthält, in der Art, dass der Inhalt nicht trennbar von der Form ist. Die Form abzuziehen würde uns nicht dem Absoluten näher bringen. Wenn wir also, um bei unserem Zahlenbeispiel zu bleiben, versuchen die Relationen zwischen Zahlen aufzudecken, so wissen wir immer noch nicht, was Zahlen unabhängig von diesen Relationen sind.
Existiert der Mond auch, wenn keiner hinsieht (Einleitungen zur Quantenphysik
Damit kommen wir zu einer Grundfrage, die sich auch in der Quantenphysik stellt und die wir gerne in unserer natürlichen Einstellung als Unsinn abtun, ohne aber unsere Position ohne Weiteres beweisen zu können. Es handelt sich um die Frage, ob die Wirklichkeit, die wir kennen, ein Resultat unserer Auseinandersetzung damit ist.
Zum Inhalt: in diesem Video wird nochmals das Doppelspaltexperiment erklärt, wonach sich die Lichtteilchen unter Beobachtung anders verhalten als unter unbeobachteten Umständen. Die reine Beobachtung wirkt auf den Ausgang eines Experiments.
Nun dass die Realität sich um uns herum nicht unabhängig vom Subjekt verhält, ist schon seit der kopernikanischen Wende Kants ein heißes Eisen. Professor Zeilinger meint jedoch es sei Vorsicht geboten, dieses so zu interpretieren, dass etwas nur existiert, weil wir es beobachten.
Anstelle des Begriffes Materie, will Zeilinger lieber den Begriff der Information einfügen. Diese Diskussion reicht jedoch bereits bis in 17. Jahrhundert zurück, als Leibniz erkannte, dass der reine Substanzbegriff von Descartes nicht ausreichte. Eine simple Ausdehnung von Materie, so wie Descartes es dachte, würde nicht reichen, stattdessen kam es für Leibniz auf die Hinzufügung eines materiellen Prinzips an, das überhaupt erst Materie verständlich machen würde. Leibniz war der Überzeugung, dass hier Metaphysik beginnen müsse. Zeilinger hingegen ist eher Descartesianisch geprägt und will die Materie aus ihrer Ausdehnung heraus erklären. Bei Materie käme es demnach auf die Anordnung der Atome an, die die Information ausmachen.
Doch Zeilinger wiederholt unbeholfen die Probleme des Strukturalismus. Mit seiner Überlegung wären wir nämlich wieder im Denken der Relationen und hätten keinen Referenzpunkt. So würde zum Beispiel jede Materie austauschbar sein, durch andere Atome ersetzbar, solange der Gegenstand Form hält. Dies schlussfolgert Zeilinger richtig, aber was ist dann die Qualität der Form? Was ist dann die Tatsache, dass Form ist?
Wie bereits gesagt: Diese Formsprache erinnert an den französischen Strukturalismus, wobei der Grund der Relationen, nämlich die Relata nicht mehr geklärt werden können.
Zeilinger träumt derweil von verschränkten Quantenwürfel, die im Jahr 2100 unter seinem Weihnachtsbaum liegen sollen. Diese Würfel geben beide immer den gleichen Zahlenstand. Wie kann man diese Möglichkeit der Quantenverschränkungen allerdings verstehen? Vielleicht so, dass zwei Quanten unabhängig von ihrer Entfernung immer ein Ganzes bilden? Nach Schrödinger würde dies bedeuten, dass es ein einheitliches Bewusstsein gäbe, dass den gesamten Kosmos durchziehe.
Absurd? Nun aber Schrödinger hat doch Recht oder? Es ist ist „ein“ Kosmos. Die Einheitsvorstellung ist philosophisch niemals ganz abwegig, aber als Philosophen wissen wir, dass das Eine nicht aus den Experimenten am Vielen gewonnen wird, sondern eine Aufgabe des Denkens ist. Vielen Philosophen, die über das Wesen von unseren alltäglichen Erkenntnissen dann „denken“, erscheint es so, dass der Möglichkeit von Erkenntnissen doch eine immerwährende Einheit vorausgesetzt sein muss, was immer diese doch auch sei. Diese Erkenntnis heißt „transzendental“ (nicht transzendent)
Nach Zeilinger aber gebe es nun verschiedene Modelle:
1. Die klassische Wirklichkeit. In anderen Worten alles sei einfach nur da, was immer das auch heißt.
2. Es gäbe viele Parallelwelten bedingt durch die Anerkennung quantenmechanischer Möglichkeiten.
3. Alles wären nur unsere Ideen.
Sehr systematisch geht Zeilinger hier nicht vor, denn er bezeichnet dies als den Raum von Idealismus bis zu einem extremen Materialismus. Ich aber füge hinzu, dass wir weniger an Realitätsmodellen interessiert sein sollten, als an der Phänomenologie (nicht im Sinne Husserls). Das heißt dem Reflektieren auf das, was sich uns zeigt, indem wir die Bedingungen der Möglichkeit von Erscheinungen heben können. Diese Denkprojekte sind uns allerdings fast verloren gegangen oder niemals in den Schulen angekommen.
Aber der Herr Professor hat eine andere Einsicht, die ich schon bei Feynman deutlich machte und die uns eher als Wesen kennzeichnet: Es wäre zumindest eine offene Frage, die wir nicht genau beantworten können. Ich möchte gar hinzufügen, wobei wir nicht genau wissen, wie wir die Frage stellen müssen.
Vielen Dank, bitte liken oder Facebookgruppe oder etc. pp.
Norman Schultz
Pittsburgh