„Ich stimme dem Artikel auf breiter Basis zu. Interessant empfand ich die Tatsache, dass es wohl vereinzelte Studien gibt, die Homöopathie in ein gutes Licht stellen. Dies, so wie ich es verstehe, werde dann von den Vertretern der Homöopathie missbraucht.
Nun verstehe ich es allerdings auch so, dass eine Fachdebatte klären würde, dass diese Einzelnachweise wertlos im großen Ganzen seien. Die Schlussfolgerung des Interviews nun aber bestimmte Verfahren die mit unseren “objektiven” Werten nicht übereinstimmen, auszuschließen, halte ich außerhalb unserer skeptischen Grundhaltung. Der Artikel macht glauben, dass wenn wir die Naturgesetze als objektiv unausweisbar hielten (so wie etwa die euklidische Geometrie, oder meinetwegen Phänomene wie “Kraft”), dann in purer Subjektivität und im Geisterglauben verkommen würden. Für die Pragmatiker allerdings, die sich doch gleich auch immer als Skeptiker verstehen heißt es, nur weil wir letztgültig objektive Maßstäbe ablehnen, ist relatives Wissen nicht unmöglich. Es fehlt zwar letzte Sicherheit aber relativ zu Erreichten lassen sich Beschreibungen anfertigen. Ich nehme ein simples Beispiel, um einfach analogisch zu demonstrieren, was ich meine. Schach: Wir spielen verschiedene Eröffnungssysteme. Momentan können wir allerdings nicht beurteilen, welche von den gegenwärtig akzeptierten Eröffnungsystemen näher an einer endgültigen Wahrheit dran ist, das heißt, welches System notwendig zum Sieg von Weiß oder Schwarz führt. Es kann sein, dass alle Eröffnungssysteme, die wir momentan spielen, gänzlich falsch sind. Dennoch bewehren sich Schacheröffnung nach statistischen Kriterien und gleichwohl nicht letztgültig objektiv, akzeptieren wir dies als Wissen (als vorläufiges und stets revidierbares Wissen). Es wäre nun vollkommen falsch neue Eröffnungsideen auszuschließen, weil sie mit den von uns (angeblich “objektiven”) Gesetzen des Schachs nicht übereinstimmen würden. Ähnliches gilt für all das, was wir als Wissen bezeichnen. Gesetze sind Fallbeschreibungen, die auf Induktionen beruhen. Daher verstehe ich nicht ganz, wie wir die normativen Kriterien einer positivistisch verstandenen Wissenschaft (wobei viele Physikerkreise, die ich kenne den Positivismus nicht notwendig vertreten) rechtfertigen können. Selbst der Artikel wird nicht müde zu betonen, das Naturgesetze nicht empirisch deduktiv bewiesen werden können. Sie werden nach den Möglichkeiten unseres endlichen Wissens induktiv abgeleitet. Ein reduktionistischer Positivismus zumindest wäre nicht mehr skeptisch und es klingt für mich eher so, dass die Errungenschaften unserer pragmatischen Wissenschaft zugunsten eines “naiven” Materialismus aufgegeben werden sollen. Die Entscheidung jedenfalls generell keine Studien zur Homöopathie durchzuführen (obwohl ja mittlerweile nun schon zur Genüge diese Experimente gemacht wurden), ja das niemals welche hätten durchgeführt werden sollen, erscheint mir zunächst suspekt und ich habe die Argumentation nicht verstanden. Offenbar setzt der Autor wenig skeptisch unsere induktiv abgeleiteten Naturgesetzmäßigkeiten als ewig gültige Gesetze. An die Stelle eines Geisterglaubens würde damit nur ein anderer Glauben treten, der wenngleich doch wenigstens auf Induktionen gewonnen und an unserem gegenwärtigen endlichen Wissen gewonnen, eben auch unsicher wäre.Der Grund warum ich nicht an Homöopathie glaube, sind die zahllosen Diskussionen der Studien, auch in diesem Forum. Mir erscheint es nicht richtig, auf eine Medizin zu vertrauen, die sich an den Standards unseres gegenwärtigen Wissens nicht messen kann.
Womöglich verstehe ich den Artikel nicht richtig, aber glauben sie wirklich, dass eine Nichtdurchführung von Studien dazu führen würde, dass Homöopathen nicht mehr an Homöopathie glauben? Stattdessen sollen wir die Welt so darstellen als wüssten wir ihre objektiven Gesetze? Ich versuche es nachzuvollziehen. Doch ganz ehrlich wenn jemand valide Studien durchführt, zu einem Mittel, dass sich mit gegenwärtiger Physik oder Medizin nicht vereinbaren lässt, dieses Mittel sich aber durch die Studien als wirksam erweist, dann müssen wir unsere vorläufig formulierten (angeblich objektiven) Naturgesetze ändern und ich dachte dies wäre der Gang unserer bisherigen Wissenschaften gewesen.
Vielleicht lese ich die Ablehnung von Studien zu absolut hier und verstehe aus dem Artikel nicht ganz nach welchen Kriterien wir potentielle Neuerungen ausschließen wollen.“
Norman Schultz