Die meisten glauben es nicht, aber Fernsehen hat wenig mit Bildung und noch weniger mit Philosophie zu tun und zwar auch dann, wenn sie Arte oder 3 Sat einschalten. Gleich welches hochwertige Programm wir im Fernsehen bieten, wir lernen dabei nicht viel. Die Gründe sind einfach, einerseits ist Fernsehen ein passives Medium (fragt euch mal, ob ihr vom Radio hören lernt, ein Musikinstrument zu spielen), auf der anderen Seite wählen Menschen, die sich bilden wollen informativere Medien. Schon soziologische Erhebungen vor Zeiten des Internets haben bestätigt, das Fernsehen niemals das Medium der Intellektuellen war. Interessant war lediglich (ich beziehe mich auf eine Auswertung von Prof. Meulemann), dass die intelligenteren unter uns (Abitur oder mehr), keineswegs mehr Arte oder 3Sat konsumierten, sondern sich in gleichem Maße der vermeintlichen Verblödung überließen (einen Beitrag zum Vergleich zwischen öffentlich-rechtlichem Fernsehen und Privatfernsehen im Hinblick auf Bildung habe ich auf meinem Blog Fahrenheit hinterlegt). Diese Tatsache zeigt, dass Intelligenz wenig mit der richtigen Wahl des Fernsehprogramms zu tun hat, sondern Fernsehen vor allem als Freizeitmedium fungierte. Wer ernsthaft glaubte sich mit Fernsehen zu bilden, war hoffnungslos verloren. Eher war es das Breitenmedium, dass eine gemeinsame Welt in unseren Wohnzimmern etablierten, über die wir dann in Lagerfeuerromantik philosophierten.
Primitives Fernsehen ohne Philosophie?
Der Fokus ist falsch: Mir wird so häufig berichtet, wie primitiv das Fernsehen sei, vor allem, wenn man sich das Dschungelcamp anschaue. Nun teile ich zwar auch die Ansicht, dass das Dschungelcamp philosophischen Ansprüchen keineswegs entspricht, aber in der Regel schaue ich es mir einfach nicht an. Die Kritik am geringfügigen philosophischen Anspruch ist zwar berechtigt, allerdings glaube ich nicht, dass das Fernsehen hier die Menschen verblödet, sondern dass die ohnehin schon Blöden das „minderwertige“ Fernsehen schlicht einschalten. Fernsehkritik kann daher fast ausschließlich nur Gesellschaftskritik sein, dass wir überhaupt so stark diesem Medium vertrauen. Zu den Thesen, dass das Fernsehen einen ungeheuren Einfluss auf unsere Entwicklung hat, möchte ich nur sagen, dass dies nur geschieht, wenn die Eltern ihre Kinder nicht liebevoll erziehen, das heißt sie sie plump nicht beschäftigen, dann hat aber die entscheidende gesellschaftliche Institution nämlich die Familie schon versagt. Daher glaube ich, dass eine der in meinen Augen großartigsten Autorinnen Sagan es bereits philosophisch feststellte: „Der Fernseher hat aus dem Kreis der Familie einen Halbkreis gemacht.“ (Obwohl der Kreis der Familie auch zuvor keineswegs intakt war).
Was konsumieren die Intelligenten?
Was machten also die Intelligenten? Nun, sie sind seit jeher auf andere ergiebigere Quellen der Information umgestiegen, insofern sie sich bilden wollten oder gar der Philosophie frönten. Dem Intelligenten seine Bücher und in neuerer Zeit sein Blog. Den letzten Wissenschaftlern und Philosophen ihr Diskurs.
Doch auch hier stellt sich Wandel ein: Da das Internet seinen Triumpfhmarsch auch in die Tiefen anderer sozialer Schichten angetreten hat, ist es keineswegs das Medium einer Avantgarde an Denkern. Den Digital Native, der vielleicht als intelligent angesehen werden kann, unterwandert das Völkchen der Blöden. Das Internet ist schon lange nicht mehr der Tummelplatz einer Avantgarde. Die Dummen haben schon früh die Tiefen des Internets vor allem im Bereich der Pornografie erkundet (obwohl ich damit nicht ausschließe, dass die nicht auch die Intelligenten tun, allerdings taten diese eben auch noch andere Dinge im Internet) und sich dann in die Social Plattformen ziehen lassen. Den Wendepunkt markiert wohl 2010 als erstmals mehr Social Network Seiten aufgerufen worden waren als Seiten mit pornografischen Inhalten. Das Internet differenziert sich nun mit seiner Umwandlung zum Massenmedium und der Aktivierung von Selbstdarstellungspotenzialen auf Blogs und Social Media Seiten (was ich bereits in meinem letzten Beitrag zur aktiven Selbstunterdrückung der Frauen im Internet geschrieben hatte) und eigentlich ist es daher falsch vom Internet zu sprechen, denn das Internet ist keine große zusammenhängende Spielwiese, sondern hat sich längst in Klassen gespalten (In Amerika einem Vorreiter wird dies besonders deutlich. In Deutschland hat das Wissenschaftsbloggen beispielsweise noch nicht so viele Anhänger, so dass das Internet eher noch ein Freizeitpark für alle ist. In Amerika hingegen listen Philosophen gar schon ihre Veröffentlichungen in Blogs in ihrer Vita). Dies soll heißen, während Youtube und Blogs in ihrer Anfangszeit von den Vordenkern dominiert wurden, hat nun auch die blöde Masse ihren Ankerplatz gefunden. Ich weiß, ich formuliere das alles nicht politisch korrekt und reichlich undemokratisch. An und für sich ist es nicht das Problem, dass das Internet nun zum Breitenmedium wird, Problem ist allerdings, dass die Blödheit im Internet kommerzialisiert wird und dies muss dieser Form auch dargestellt werden.
Das Medium Fernsehen konnte allein aufgrund seiner Struktur als Breitenmedium niemals wirklich Philosophie in ihrer Tiefgründigkeit aufgreifen, da Tiefgründigkeit nur in schriftliche Textform passt. Das Internet kann dies, es kann texten, aber es schaltet den Prozess der Selektivität zwischen und so suchen die Intelligenten, was sie intelligenter macht, während die Blöden suchen, was sie blöd hält. Selbststeigerungsphilosophie kann immer nur die Klasse derer, die sich nach oben bewegen, verstehen. Im Internet aber sucht sich jeder seine Klasse selbst aus. Wer also mit der Chancengleichheit im Internet unter den gegenwärtigen Bedingungen blöd bleibt, ist tatsächlich in gewissem Maße selbst schuld.
Das Internet hat nun auch eine dunkle Seite der Macht, nämlich die entsprechend blöde Seite und dies ist leider Fakt. Ich glaube allerdings nicht, dass dies der Untergang unserer Gesellschaft ist, aber es ist schade, wo die Seelen auf ihrem Weg doch dann an die dunkle Seite der Macht verloren gehen. Ich hatte ja schon im letzten Beitrag versprochen, die Marketingmaschine des Internets unter die Lupe zu nehmen und auch hier deute ich es nur an. Die Seite des Internets, wo es nur noch um die leere Resonanz geht, das sorglose Verbreiten von inhaltslosen Memen dort schließen sich die Blöden zusammen und dies ist schade. Schlimm daran aber ist, dass hier enorme Gewinnmaximierung seitens Einzelner entstehen. Sie generieren Geld durch nichts mehr als Resonanzeffekte und dies schadet leider unserer Philosophie. Es handelt sich um die Herrschaft des Banalen. Morgen geht es daher um Herr Tutorial, der zwar verspricht Tutorials abzugeben, der ab letztlich nur auf die nächsten Abonnenten schielt. Herr Tutorial ist so etwas wie die dauergrinsende Marketingfratze des Internets, an der niemand auf Youtube mehr vorkommt und der wichtige Aufmerksamkeit absorbiert. Selbst blöd, hat er einen entscheidenden Vorteil: Er weiß, die Blödheit der anderen auszunutzen. Und er weiß, die Zeit, die er anderen stiehlt dabei in Geld zu verwandeln. Klar dies hört sich nach Neid an, tatsächlich ist es aber nur der Wunsch, dass Menschen endlich mit der Erfindung eines Anti-Aids-Mittels zu Milliadären werden und nicht weil sie Sinnlosigkeit schnell und einfach verkaufen.
Norman Schultz