Was ist Philosophie? An der Grenze zwischen Naturwissenschaft und Religion

Buddha's Light

Grenzen zwischen Religion und Philosophie CC_Bild: h.koppdelaney)

Im Moment heißt es, sei es still in der Philosophie. Ein paar Kandidaten werden gehandelt, die noch geheime Lösungen auf Weltinterpretation versprechen. Brandom zum Beispiel gibt vor, zu wissen, was Welt sei. Aber kann er angesichts der ungeheuren Forschungserfolge der Naturwissenschaften noch bestehen? Sicher ist, dass die Erforschung der Welt durch die Naturwissenschaft nur das größte Ablenkungsmanöver aller Zeiten ist und es sollte uns eher interessieren, wie wir in die Welt als Welt vordringen, indem wir zu uns als eigentlicher Grenze vordringen. Nein, ich bin kein Technikfeind, aber das Wesen der Technik wird nur zu selten entborgen. Dies aber ist Philosophie, nämlich die Welt in Bezug zum Voraussetzenden zu setzen, das nur die Welt denkt und seine Einheit in der Möglichkeit aller Gegenstände des Denkens überhaupt in Gott finden kann. Wesensforschung ist Philosophie. Und alle Philosophie strebt beständig zu den unbeantworteten Fragen der Religion. In der offenen Frage, so formulierte es daher der Philosoph Heidegger, sei die Frömmigkeit des Denkens.

Die Konstruktionsphantasien der Naturwissenschaften allerdings sind heute heroischer geworden; nur dass wir nicht mehr mit Gott konkurrieren, der wird funktional einfach nicht mehr integriert. Ein plumper Atheismus weiß schon sehr genau, dass es diesen stilisierten Mann nicht gäbe und so wird die wichtigste Frage all unseres Denkens, das jedwede Form von Diskurs überhaupt möglich macht, von funktionalen Diskussionen ersetzt. Wie wäre es zum Beispiel, wenn wir ein Transportsystem hätten, dass das ganze Universum möbliert oder überhaupt das Universum im Universum 1:1 nachbauen könnten oder einen Teilchenbeschleuniger in die Welt setzen, der so groß wäre, dass wir darin tatsächlich den Urknall nachstellten? Denken wir noch an Archimedes, der meinte, wenn ihm jemand einen Hebel gäbe, der groß genug wäre, könnte er die Welt aus den Angeln heben, so stellt sich die Frage, aber in welcher Welt wollten wir überhaupt solche gigantischen Projekte durchführen? Wir haben in der Regel zu wenig Platz oder zuwenig Welten, um die Welt kurz bei Seite zu stülpen und mal wie unter einem Sofa nachschauen, was da so drunter liegt. Die Philosophie ist hier bescheidener. Der philosophische Reisende sucht sich sein Besteck und geht das Fleischstückchen „Welt“ auf seinem Teller zivilisierter an. Öffnen wir aber den Instrumentenkoffer des Philosophen Husserl zum Beispiel und schneiden wir mit diesen Instrumenten etwas herum, so merken wir schnell, dass es sich hier nicht um chirurgisches Besteck für feine Schnitte handelt. Manchmal kommt es einem vor als würde dieser Philosoph mit Motorsägen versuchen feine Arterien zu untersuchen. Jede Kommunikation darüber wird übrigens vom groben Motorengeräusch der Sprache übertönt. Letztlich wollen wir ja, wenn wir die Welt als Ganze untersuchen, auch das Besteck eigentlich selbst untersuchen. Ein abstruses Unterfangen, aber das ist auch Philosophie. Die Welt an ihren Grenzen zu untersuchen, heißt immer schon, über sie hinauskommen zu wollen.

Was gibt uns also heute noch die Philosophie?  Das einzige Erkenntnismittel, was wir letztlich besitzen, eine fundierte Sprache mit ihren verästelten Argumentationen in den verschiedenen Diskursen: Mathematik, Physik, Psychologie und Theologie. Alle Wege laufen über die Religionsphilosophie zu allen Fragen, die wir haben hinab. Aber die Sprache ist selbst durchdrungen von gegebener Welt und deren Ausweisung mit sprachlichen Mitteln führt dann zu ähnlichen Momenten wie sich an der Zungespitze zu lecken oder mit dem Finger seinen Finger zu berühren, mit den Ohren das Hören zu hören, mit den Augen das Sehen zu sehen, das Schmecken zu schmecken, das Reisen bereisen, das Denken zu denken, schließlich das eine Wort der Sprache, das Ursprachliche zu entdecken, kurz: philosophisch überhaupt in das Unvordenkliche zu gelangen. Religionsphilosophie bleibt aufgrund der Schwierigkeit des Vorhabens noch auf lange Zeit, das erste und wichtigste Thema.

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