Philosophie der Zeit kann sich nur mit dem Sinn von Zeit befassen, dieser Sinn aber ist menschlich. Was ist Zeit? Die Zeit ist zunächst zwar als Mitbringsel einer Welt nur in uns Menschen gedacht, aber doch vielmehr noch als Grenze unseres Daseins körperlich begriffen. Zeit ist Körper, Altern, Vergehen. Also denken wir mal über die Zeit als Grenze philosophisch nach. Kann das Verschwendung sein? Zeit sparen, wäre ja auch geboten, wenn Zeit denn so wichtig ist. Macht es Sinn über die Zeit nachzudenken, anstatt sie zu nutzen?
Wie ich meine Zeit als Philosoph verschleudere
Gut, besseres Schnürsenkel binden spart Zeit (zu sehen in meinem letzten Blogeintrag: Energiesklaven) – 4 Tage im Leben – aber wie gehen wir tatsächlich mit unserem Alltag um, in dem wir ja keine Zeit haben? Ich lebe da gemäß eines (angeblich?) Chinesischen philosophischen Sprichwortes:
Am Abend wird der Faule fleißig.
Durch viele kleine, aber hoch spezialisierte Techniken zerhacke ich mir meinen Arbeitsalltag: Eine Buchseite umblättern, dann E-mails checken, einen an Bedeutung explodierenden Gedanken festhalten und dabei nachdenklich wie ein Philosoph dreinschauen (es sind keine Süssigkeiten mehr im Haus), bei Spiegel-Online oder bei Zeit.de surfen, telefonieren, zum Kühlschrank gehen (und wieder einsame und enttäuschte Gedanken denken), ein paar Noten am Klavier spielen, mal kurz 4 Stunden was kochen, nochmal E-mails checken, schnell nach draußen und genau eine Schokolade kaufen und morgen wieder eine, schnell mal Fernsehen und schnell ist der Tag vorbei und vor Müdigkeit schaffe ich gerade die nächste Buchseite, wobei ich eigentlich, ja eigentlich… Es ist höchste Eisenbahn… Der Zeitdruck macht einen dann zum Zeitfahrer und einer liest in der Pause, schreibt die Nacht durch, studiert Philosophie, liest in der Straßenbahn, alles nur, um sich über sich selbst zu ärgern. Der Fall ist klar: Rufen Sie das Zeitlabor an! Ich brauche einen Arzt, der Zeit für mich verschreibt. Wofür? Um E-mails zu checken, Spiegel-Online, Zeit.de, zu philosophieren und so weiter… Wir vernichten alle so viel Zeit in uns. Bei uns kommt der Energieerhaltungssatz an seine Grenze, denn in der Regel liegen wir wie potentielle Energie auf dem Sofa und irgendwann am Lebensende ist diese Sofaenergie dann auch verbraucht. Und das Nichts, was wir erschaffen haben, lässt ein altes Wort der Philosophie in uns zu seiner Bedeutung kommen: Verdruss.
(Verdruss, eine Freundin von mir aus China, muss seit 2 Jahren als Beamtin, den Fall eines unrechtmäßig aufgestellten Tores behandeln, der Aufwand in China ist nicht zu vergleichen mit Passagierschein 38 a oder 36 b (ihr wisst schon Asterix)…) Gut, ungeordnete Gedanken, aber ich habe ja keine Zeit. Die Zeit so unbekannt, tragen wir mit der Welt alle auf unserem Atlaswirbel wie eben Atlas im Nacken. Zeitdruck genau dort, wo wir selbst nicht hinsehen können. Einen Arzt? Der Philosoph, heißt es, sei auch immer ein Arzt seiner Zeit. Hier aber in neuen Bedeutung. Zeit und Tugend hängen zusammen. Brauchen wir Zeitmanagement? Eine Philosophie der Zeit für die unhintergehbaren Grenzen der Zeit in uns?
Einige dieser Zeitmanagementprobleme behandelt Randy Pausch. Aber der von sich selbst Genervte wendet ein: Nein, nicht schon wieder jemand, der etwas zum Zeitmanagement sagen muss! To-do-Listen abhaken macht nun mal nicht so glücklich wie Schokolade und Sopranos schauen. Und dennoch: Randy Pausch lebt an seiner eigenen Zeitgrenze, denn er ist krebskrank. Es klingt sehr makaber, aber wer könnte besser eine Vorlesung über Zeitmanagement halten, als jemand, der selbst keine Zeit mehr im existentiellsten, philosophischen Sinne hat.
Randy Pausch ist 2008 in Pittsburgh verstorben. Dennoch hat er an einer Grenze weiter gearbeitet, der Zeit in uns, die letzte unverstandene Grenze, noch weiter entfernt als die Zukunft und nur begreifbar in der Philosophie. Welche Zeit haben wir also?
Die Philosophie und die Grenze der Zeit
Der Sinn von Sein lehrt uns Heideggers Philosophie ist… Trommelwirbel… die Zeit! Die Zeit? Gut, okay, aber was ist der Sinn der Zeit? *Trommelwirbel* Nichts! Nichts? Der Philosoph Heidegger entwirft alle unsere „Sorgen“ vor dem Horizont der Zeit… Was also ist Zeit? Ich kann hier diese Grenze nicht abhandeln, da ich nicht zu stark in die Abgründe der Unverständlichkeit abdriften möchte, deswegen eine simple Frage: Wieviele eurer Freunde haben prinzipiell keine Zeit? Ich glaube, es gehört mittlerweile zum Prestige keine Zeit zu haben, denn wer zu viel hat, ist in der Regel unbedeutend. Dazu gehören dann in der Regel: Rentner oder die angeblichen Zeitmillionäre, Hartz IV-Empfänger.
Die Zeit neigt sich dem Ende, wenn das Licht der Zeit, die Schatten unserer Lebensereignisse länger und länger werden lässt, dann essen wir entweder vor dem Sonnenuntergang im Schaukelstuhl „after eight“ oder trauern mit Verdruss philosophisch einem ungelebten Leben hinterher, einer verpassten, der verpassten Chance. Aber was sag ich? Mir fehlt hierfür ja noch die Lebenserfahrung. Ist das denn Trost, dass diese Lebenserfahrung einer erwirbt, wenn er auf dem Sofa liegt? Leider interessiert sich so selten jemand für das Palaver der Sofakrieger und Maischbergerzuschauer. Obwohl…
http://www.youtube.com/embed/ai5sVftlrXQ
Der Dalai Lama wirkt da übrigens auch nicht erleuchtender… Obwohl:
http://www.youtube.com/embed/O26wu9aCg_g
Ja, der Herr hat es auch ohne Verarsche schon schwer, denn von kaum einem anderen wird jeder Satz sofort in einem Buch veröffentlicht und unter die Leute gebracht. Schweigen wäre bei ihm nur Silber, denn das Reden ist Gold. Ich wünschte bei mir würden sie aus jedem Satz ein Sprüchebüchlein zusammenstellen und so gut verkaufen.
Die wahre Grenze ist ernst (die ernste Philosophie)
Aber zurück zum Thema, nachdem wir wieder etwas Zeit verbraten haben. Das philosophische Gedicht von Hermann Broch „Denn das Wahre ist ernst“ bringt es noch am besten zum Ausdruck. Allerdings weiß ich nicht, wieviel ich hiervon davon zitieren darf, aufgrund urheberrechtlicher Fragen. Nur mal eine Nebenbeianmerkung: Selbst Zitate im Profil können ein teures Nachspiel haben. Aber wir finden uns damit ab und denken daran, dass Zitate in früherer Zeit verpöhnt waren. Ganz unoriginelle Leute waren das, die da zitierten. Aber hier geht schon wieder die Zeit flöten…
Hermann Broch schreibt also:
„Es verblassen des Abends die Farben der Landschaft, auch die
heitersten,
und sie zeigt ihre ernsten Linien,
wenn der dunkelnde Ölbaum gegen des Himmels Dämmergrau steht“
Okay, Wink mit dem Zaunpfahl, es geht um das Altern und die viele an uns wie Wind vorbeistreichende ungenutzte Zeit. Was aber bleibt? Broch schließt:
„Dann wird der Stein zum Kristall, das Tagewerk aber ruht im
Ernste zum wahren Bleiben.“
Der Ernst also übergibt die Zeit wie einen Krug gefüllt mit Traditionen und Wissen an die nächste Generation. Das alltgägliche Steinernde erlangt die Bedeutung in seiner Zukunft. Der Stein wird Kristall. Zeitmanagement also für das Wirkliche, so lehrt es auch Randy Pausch, denn trotz Krebserkrankung blieb er Professor und lehrte, arbeitete, versuchte seine Zeit zu nutzen, und vor allem etwas weiterzugeben. Wieviel Zeit bleibt uns also? Die Zeit ist nicht das unendeckte Land der Zukunft, sondern die Grenze alles Bekannten und Unbekannten. An dieser Grenze der Menscheit wird alles ernst, auch die Heiterkeit. Ein letzter Atemzug und mit dieser Grenzleistung sind wir Geschichte, fallen zurück in das Nichts, aus dem wir kamen. Wie ernüchternd hieß es noch bei dem Philosophen Alfred Eisleben: „Ein Leben in die hohle Hand geschissen“. Was bleibt von uns?
Geschichte und Philosophie…
ich erinnere nur an die Geschichte eines chinesischen Kampfmönches, der als er anseinem Nacken das Schwert seines Freundes in seinen Hals dringen spürte, dennoch den Meuchelmord überbrückte und alle seine Gedanken in die Meditation versank. Je tiefer das Schwert seinen Hals durchschnitt, desto schneller schickte er die Gedanken durch die Meditation und je schneller er meditierte, desto langsamer wurde die Zeit um ihn herum, bis die Zeit stehen blieb, in seiner Zeit. Tatsächlich ist er niemals gestorben, weil er sich in den Horizont der Zeit selbst bringen konnte. De facto ist er tot. Die vollkommene Reflexion (und das ist auch eine Mahnung an die Philosophen) holt selbst die Zeit ein.
Lest auch meinen Blogbeitrag zur Gleichzeitigkeit der Welt in meinem Invisorblog oder meine anderen Beiträge zu den Grenzleistungen  der Menschen oder abonniert bitte meinen Blog, wenn es euch gefällt:
Emailadresse eintragen:
 weil ihr so auf dem Laufenden bleibt
Nachtrag:
Was ich noch Spektakuläres entdeckt habe. Das Geheimnis der Zeit endlich… REVEALED. It is UNBELIEVEABLE. Das Geheimwissen selbst wird nun endlich entborgen. Ab Januar in ihren Kinos:
http://www.youtube.com/embed/V7Ymh7j_cn0
Die Idee des Geheimwissens (The great TIME-MANAGEMENT-SECRET) basiert darauf mit so wenig wie möglich Aufwand, soviel wie möglich Effekt zu erzielen. „Effizienz“ lautet das Stichwort. Wir bleiben aber bei unserer Formel „ein Prozent Inspiration und (in Zahlen) neunundneunzig Prozent Transpiration“.
Pingback: Grenzen des Lesbaren – Daniel Kehlmann und die Dozentur für Weltliteratur in Köln – Philosophie EntGrenzen